Mitteilung Schickeria München 11.07.03

Da in den letzten Tagen immer wieder die unglaublichsten Schlagzeilen im Zusammenhang mit unserer Gruppe auftauchten, haben wir uns entschlossen, noch einmal auf die, unserer Meinung nach, grundlegendsten Dinge einzugehen. Auf jede Lüge, Unwahrheit oder Ungereimtheit einzugehen, die in jüngster Vergangenheit zu lesen war, würde allerdings den Rahmen sprengen. Was von den Offiziellen der FC Bayern München AG über uns behauptet oder auch nur möglichst geschickt mit uns in Verbindung gebracht wurde, war wirklich schon grotesk! Teilweise wurden Sachen mehrmals verdreht, uns vorgeworfene angebliche Ereignisse wechselten mehrfach den Termin an dem sie stattgefunden haben sollen und es wurden weiterhin von Seiten der AG Dinge behauptet, die auf Nachfrage seriöser Medien bereits Tage zuvor als Unwahrheiten enttarnt wurden(z.B. die Behauptung die Münchner Polizei habe aus eigenem Antrieb irgend etwas vorgeschlagen etc.). Von teilweise völlig widersprüchlichen Aussagen und Vorwürfen gar nicht erst zu reden. Wer sich die Mühe machen will, kann dies gerne anhand der diversen Medienberichterstattung überprüfen.

Nun aber zum eigentlichen Grund unserer heutigen Mitteilung. Im Laufe dieser leidigen Geschichte sind uns von interessierter Seite immer wieder 3 Fragen begegnet. Diese würden wir gerne öffentlich beantworten.

Warum sieht die Polizei Euch so kritisch, wenn Ihr Euch nichts vorzuwerfen habt?

Da es sich bei unserer Gruppe um eine Gruppe handelt, die sich selbst als Ultragruppierung bezeichnet, dieses Phänomen in Deutschland aber erst seit einigen Jahren aufkeimt und erst jetzt auf der Schwelle zum Durchbruch steht, liegt es sozusagen in der Natur der Sache. Behördliche Kontrollorgane und deren Apparate sind nun mal behäbig und reagieren langsamer auf entstehende jugendliche Subkulturen als irgendwelche Trendscouts. Vielfach fehlen auf Seiten der Polizei, aber auch der Vereine, schon die primitivsten Grundkenntnisse der Szene-Fortentwicklung rund um den Fußball. Was man nicht genau kennt und nicht hunderprozentig einschätzen kann, ist zunächst einmal grundsätzlich gefährlich. Unkenntnis und Halbwahrheiten mischen sich zu einer für die Subkultur Ultra gefährlichen Symbiose. Da die Ultras, wie der Name schon sagt, besonders fanatische Fans sind, fallen sie jedem sofort auf. Dies müssen sie nicht einmal negativ tun, aber sie sind definitiv anders, passen nicht ins herkömmliche Raster eines in dieser Beziehung ungeschulten Ordnungshüters. Dies reicht bereits um sie ihm suspekt werden zu lassen. Da sie sich zu großen Gruppen zusammenschließen, sind sie immer auch als Masse präsent. Eine Masse Jugendlicher zu denen man mit herkömmlichen Methoden keinen Zugang findet, bzw. die man gar nicht kennt und einschätzen kann, stellt für die Beamten oftmals psychologisch leider eine potentielle Bedrohung dar. Sie vom Gegenteil zu überzeugen gestaltet sich gerade in Bayern und bei ständigem Konfliktpotential durch unverständliche Reglementierungen und Repressalien oder auch Provokationen durch einzelne Beamte nicht gerade einfach. Trotzdem haben wir uns immer darum bemüht. Hier in München fast eine Sisyphusarbeit!

Darüber hinaus ist und bleibt Bayern ein sehr konservativer Staat, in dem Jugendliche traditionell nicht besonders viel zu melden haben und in dem die Entwicklung jeglicher als subversiv verdächtigter Jugendkulturen durch führende Politiker und Polizei mit allen Mitteln bekämpft wird. Die von Politikern und Polizei viel gepriesene "Sicherheit", mit der sie ihre "Law and Order" - Politik und jedes noch so sinnlose Verbot rechtfertigen, steht über allem und ist unantastbar. Nicht zuletzt dadurch, daß der Durchschnittsbürger in seiner grenzenlosen Angst um die eigene Sicherheit (heraufbeschworen durch irgendwelche Schreckensszenarien, die ihm von der Politik vorgegaukelt werden) dies auch noch unterstützt. Somit ist es für jede Art von Subkultur in München sicherlich wesentlich schwerer zu existieren als anderswo.
Es regiert die Totalprävention: Wer schwer einzuschätzen ist und aus der vorgegebenen Reihe tanzt wird zunächst einmal vorsichtshalber zerschlagen. Ob dies gerechtfertigt war oder nicht kann man hinterher immer noch klären. Sollte es jemanden ungerechtfertigter Weise erwischt haben, Pech gehabt. Im großen und ganzen stimmt angeblich über die Jahre die Bilanz. Das ist was zählt, nicht Einzelschicksale. Jeder der hier schon einmal auf einer Demonstration oder ähnlichem war kennt die gleiche Argumentation und wird gleiches berichten. Das ganze nennt sich dann schick und harmlos "erfolgreiche Münchner Linie".
Zur lokalen Problematik gesellt sich eine bundesweite. Um der extremen Hooligan-Bewegung der 80er Jahre Herr zu werden, wurde mit der Zeit ein gigantischer Sicherheits– und Repressionsapparat aufgebaut, der weiter munter vor sich hin wuchert. Nach dem Zuschlag für die WM 2006 wurde sogar damit begonnen, diesen ohnehin schon überdimensionierten Apparat sogar noch auszubauen. Angesichts der real vorherrschenden Verhältnisse in und um dt. Stadien ist dies geradezu irrwitzig. Ein monströser Sicherheitskoloß, der einst aufgrund eines völlig anderen Klientel aufgebaut wurde, wird aufrechterhalten, um größtenteils völlig harmlose Jugendliche zu gängeln und total zu überwachen. Da es hier aber auch um Jobs geht, haben die zuständigen Stellen zusätzliches Eigeninteresse daran, daß die Zahl der Delikte ungefähr gleichbleibt. Wer ist schon gerne überflüssig? Und somit verschiebt sich die Verhältnismäßigkeit. Eben war man noch normal, plötzlich soll man kriminell sein! Sind die wahren Kriminellen vertrieben, sucht man sich sozusagen aus einem inneren Selbsterhaltungstrieb heraus eine neue Zielgruppe. Mit dieser Problematik müssen sich heute die Ultras der ganzen Republik auseinandersetzen. Sie sind junge kreative und engagierte Extremfans, auf die eine Maschinerie losgelassen wurde, die für völlig andere Leute konzipiert wurde und sich nun immer und immer wieder selbst rechtfertigen muß! Bei der Lobby die Fußballfans im Allgemeinen genießen eine Arbeit, die im Schwierigkeitsgrad der Quadratur des Kreises ähnelt. Wer glaubt schon dem gemeinen Fan von der Straße, wenn die Obrigkeit spricht. Wird schon seine Richtigkeit haben... Rechtzeitig zur WM 2006 sollen die Stadien schließlich vollständig vom kleinen Fan, der es sich noch leistet Emotionen zu zeigen, gesäubert sein. Wenn weiterhin alle wegschauen, wird dieses Verbrechen an der dt. Fankultur auch gelingen.

Wer näheres zu diesem veralteten Umgang mit den Fans der neuen Generation erfahren will, kann sich darüber gerne bei der bundesweiten Koordinationsstelle der Fanprojekte (KOS) informieren. Dort wird man ihnen die angesprochene Problematik mit Sicherheit gerne bestätigen und näher erläutern.

Was sind die Gründe für das harte Vorgehen der FC Bayern München AG gegen Euch, wenn es nicht die vom AG-Vorstand vorgegebenen sind?

Der Vorstand der FC Bayern München AG will generell keine unabhängigen, von Fans selbst errichteten, Organisationen, die sich in die Vereinspolitik einmischen. Egal wie sehr die Entscheidungen der Offiziellen auch die Lebensrealität der von den Fans geschaffenen eigenen Erlebniswelt beeinflussen oder gar zerstören, man hat den Mund zu halten und dies mitzutragen. Da die Vereine sich mittlerweile zu Unternehmen weiterentwickelt haben klingt dies auf Anhieb sogar verständlich. Nur vergessen die Funktionäre dabei eines: Es handelt sich bei Fußballclubs nicht um stinknormale Unternehmen. Hundert Jahre gewachsene Vereinstradition und jahrelange emotionale Bindungen der Fans kann man nicht einfach so ausblenden. Diesem wird man auch weiterhin Rechnung tragen müssen und dafür sorgen, daß man trotzdem ordentlich wirtschaften kann, sonst wird man scheitern. Die Fans wollen sich selbst inszenieren, sich in ihrer eigenen Welt bewegen, in der sie schon waren bevor Vereine plötzlich zu Kapitalgesellschaften wurden, eine eigene Erlebniswelt, ihre Erlebniswelt, schaffen und selbst gestalten. Sie wollen nicht als bloße Kunden irgendein Produkt konsumieren, daß Leute für sie entworfen haben, die von ihrer Sache absolut nichts verstehen. Sie wollen selbst ihre Inszenierungen aufführen und nicht unmündiger Teil einer amerikanisierten Show rund ums Spiel sein. Hier prallen Welten aufeinander. Die dadurch entstehenden Konflikte gälte es zu lösen. Würde die FC Bayern München AG ihrer Vereinshistorie Rechnung tragen und eine Art sportlich-soziale Marktwirtschaft verfolgen, gelänge dies auch mit ziemlicher Sicherheit. Doch spätestens seit der Ära Rummenigge regiert hier der Turbokapitalismus in ungebremster Reinkultur. Alles was irgendeinen ideelen Wert hatte wurde ohne Rücksicht auf Verluste verkauft. Von den Vereinsfarben, über die Trikots bis hin zum Umfeld im Stadion. Als jüngstes erschreckendes Beispiel wurde aus kommerziellen Erwägungen heraus der "harte Kern" der Fans vor die Tür gesetzt. Die Leute die sich der "Linie Rummenigge" widersetzten oder von denen zu erwarten war, daß sie dies in Zukunft machen würden, mußte man los werden. Dummerweise handelte es sich gerade um die treusten der treuen Fans, die den Verein überall mit hin begleiten. Da man aber ab einem gewissen Punkt bei der AG anscheinend bereit ist über Leichen zu gehen, wurde der Entschluß gefaßt und sollte nun mit Eiseskälte durchgesetzt werden. Ohne Rücksicht wurde radikal aussortiert. Da sich die "Problemfälle" aber unerwarteter Weise als intelligenter und widerstandsfähiger erwiesen als gedacht, mußten größere Geschütze her. Die Auswirkungen dieses Kurses, für den es, nachdem er begonnen wurde, kein zurück mehr gab, spüren wir bis heute. Verleumdungen, Halbwahrheiten, bestellte Berichterstattung, vorgeschobenen Gründe etc.! Es geht und ging hier nie um Gewalt oder ähnliches. Das Motiv ist unbequeme Leute loszuwerden, egal wieviel Loyalität diese "ihrem" Ideal FC Bayern bereits bewiesen haben – die Gruppen dieser Leute pauschal als Gewalttäter abzustempeln, den Gruppen gar Morddrohungen zuzuschreiben ist lediglich die perfide Strategie, die den Herrschern an der Säbenerstraße am wirkungsvollsten erschien. Wer glaubt schon noch Gewalttätern? Wenn die Zielpersonen keinen sind, muß man halt welche aus ihnen machen! Moralisch zutiefst verwerflich – aber ganz einfach... Nur ein Gewissen darf man nicht haben!
Die Ultras in Deutschland stehen bei fast jedem Verein vor dem Durchbruch. In Frankfurt sind es viele hundert Leute, die es geschafft haben ihre Kurve zu einen, ebenso in Nürnberg. In Köln läuft gar der Dauerkartenverkauf für die Stehplätze auf der heimischen Hintertortribüne über die Organisation der Ultras. Mit einem Ausweis der Ultras Bochum erhält man dort verbilligte Dauerkarten. Die Ultras in Karlsruhe haben durch ihr Engagement den dortigen Verein vor dem Ruin gerettet, in Mannheim versuchen die Ultras gerade verzweifelt selbiges zu erreichen. Herr Hoeneß bewundert in St. Pauli die Fans, die auch in der schlimmsten Krise zu ihrem Club halten und schmeißt das gleiche Klientel in München auf schäbigste Art und Weise raus. Woanders hofiert man seine treuesten Anhänger. Bei uns hat man nichts als Angst wir könnten dem totalen Ausverkauf aller Werte im Wege stehen. Das Geschäft rechtfertigt jede Maßnahme. Und sei sie noch so widerlich und ungerecht. Sowohl die Ziele des Club Nr.12 als Supportersclub zu wirken, als auch unsere Ziele als Ultras laufen letztlich auf dasselbe hinaus. Die Fans, bzw. die Kurve zu einen, gemeinsam Stärke zu beweisen, die ureigensten Faninteressen gemeinsam zu vertreten und mit einer einzigen Stimme zu sprechen. Bei einem derartigen Maß an Identifikation ist es nur legitim seine Interessen so stark wie nur möglich zu vertreten. Diese legitime Interessenvertretung ist der Führung der FC Bayern München AG anscheinend dermaßen ein Dorn im Auge, daß sie bereit ist weiter zu gehen und üblere Methoden anzuwenden, als wir uns in unseren schlimmsten Alpträumen vorstellen konnten. Der FC Bayern war zum Glück noch nie ein Verein von Ja-sagern, was allein die Geschichte im 3. Reich beweist, doch das zählt heutzutage offensichtlich nicht mehr. Bevor der "dumme" Fan zu mächtig wird, wollte man, koste es was es wolle, die Notbremse ziehen.

Wie soll es weitergehen?

Falls es wirklich Morddrohungen gab, egal von wem, so verurteilen wir diese auf das Schärfste. Wir hoffen daß der Täter, so denn zweifelsfrei einer feststeht, gefaßt und seiner gerechten Strafe zugeführt wird. Eine Morddrohung ist durch nichts zu entschuldigen. Sollte unsere Mitarbeit bei der Aufklärung gefordert werden, so sind wir aus ureigenstem Interesse heraus sofort bereit zu helfen. Gegen Vor- bzw. Pauschalverurteilungen von Einzelpersonen oder gar ganzen Gruppen verwahren wir uns aber entschieden. Wir leben schließlich immer noch in einem Rechtsstaat.

Die Führung der FC Bayern München AG hat allerdings bereits jemanden ermordet – unseren guten Ruf nämlich und den von hunderten anderen Bayernfans! Ohne Legitimation, ohne Beweise, ohne Gewissen. Was passiert ist, kann nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kundenbetreuer Raimund Aumann ist unmöglich! Es ist auch schwer vorstellbar, wie man sich mit den anderen verantwortlichen Personen nach dieser miesen Art des Vorgehens wieder an einen Tisch setzten soll. Die ganze Geschichte wird Narben hinterlassen und wirkliches Vertrauen wird es nie wieder geben. Trotzdem, so verrückt das klingen mag, sind wir weiterhin offen für Gespräche. Das sind wir der Münchner Fankultur schuldig. Sollte man an der Säbener Str. 51 doch noch umdenken, wovon man nicht ausgehen kann, da die Motive bestand haben – an uns soll es nicht scheitern. Der Wille ist da - allein es fehlt der Glaube...

SCHICKERIA MÜNCHEN

Ein besonderer Dank geht an die vielen anderen Kurven in ganz Deutschland, die uns trotz Rivalität ihre Solidarität bekundet haben und dies in Zukunft noch tun werden. Ihr habt verstanden, was hier geschieht und Eure Mentalität als wahre Fans dadurch bewiesen, daß Ihr ob der Ungeheuerlichkeiten, die dies für die Fankultur im Allgemeinen bedeutet, nicht schweigen konntet. Durch die nie für möglich gehaltene Solidarität lastet nunmehr auch eine große Verantwortung auf uns, wir kämpfen nicht mehr nur für uns alleine... DANKE!!!