ULTRÀ

Schon der Name dieser Bewegung lässt erahnen, um was für eine Art von Fans es sich bei Ultras handelt. Ultras sind im Grunde extreme Fans, in dem Sinne, daß sie ihr Team bedingungslos unterstützen und dem Verein und ihrer Stadt mit allen Mitteln zur Seite stehen und das Liga- und auch erfolgsunabhängig. Natürlich scheut sich ein Ultra aber auch nicht am Verein konstruktive Kritik zu üben, denn damit hilft er diesem letztendlich ja wieder.

Schaut man einfach mal in einem deutschen Lexikon nach, wird man unter dem Begriff Ultra nur zwei Definitionen finden. Ein politischer Extremist oder eine Vorsilbe für die Bedeutung "über das Maß hinaus". Für eine genaue Deutung des Begriffes Ultra muß man leider noch immer ein italienisches Lexikon zu Rate ziehen. In diesem Lexikon findet man die Definition "fanatischer Fan" und genau diese Bedeutung sollte für einen Ultra gelten.

Wenn man schon in einem italienischen Lexikon nachschlagen muß, liegt es nahe in Italien nach dem Ursprung des Phänomens Ultras zu suchen. Ihren Ursprung hatte die Ultra-Bewegung Ende der 60er bis Mitte der 70er Jahre nämlich eben dort, auf dem wunderschönen Stiefel. Die Ultras revolutionierten die Art und Weise der Anfeuerung ihrer Mannschaften. Bis dato schlugen die Tifosi auch in Italien einige wenige Trommeln und die Leute skandierten lediglich die Vereinsnamen und äußerst primitive Schlachtrufe.

Die Ultras haben diese traditionelle Philosophie verändert! Sie sind phantasievoll, passioniert und lebendig, bringen Rauchkerzen, Konfetti, eigens angefertigte Transparente oder riesige Fahnen ins Stadion und singen koordiniert, durchgehend und alle zusammen. Die Ultra-Bewegung breitete sich wie ein Lauffeuer über Italien und später auch über andere Länder des Kontinents aus. Überall gründeten sich neue ambitionierte Gruppen, die beweisen wollten, daß auch in ihrer Stadt, bei ihrem Verein was geht, daß auch sie was vorzuweisen haben. Aufgrund der unglaublichen Begeisterung, die die Ultra-Bewegung weckte, wuchsen die Gruppen rapide und bauten sich in ihrem jeweiligen Umfeld meist ein riesiges Standing auf. Allgemein anerkannt und von den Normalo-Fans honoriert haben sie durch ihre immensen Leistungen für den Verein und die Repräsentation ihrer Städte eine derart wichtige Position im Vereinsumfeld erobert, dass man mit Fug und Recht sagen kann: Ohne die führende(n) Gruppe(n) der Kurve geht gar nichts mehr – mit ihnen geht alles!

Ihre Stimme als legitime Vertretung aller wahren Fans muß gehört werden, weil sonst bei Tausenden oder ganzen Gemeinden, die hinter "ihren" Jungs stehen, ein Sturm der Entrüstung losbrechen würde, der auch schnell mal den ein oder anderen missliebigen Offiziellen vom Stuhl blasen würde. Seit den 90ern entwickelte sich dann auch eine Ultra-Szene in Deutschland. Doppelhalter und Zaunfahnen wurden gebastelt, der Verein zumindest teilweise nach dem Vorbild des italienischen Tifo angefeuert. Anfangs standen natürlich die Aktionen mit Rauch, Bengalos und Raketen im Vordergrund. Teilweise aus Spaß, so etwas war schließlich was Neues im Stadion, aber auch um auf sich Aufmerksam zu machen. Mit der zunehmenden Akzeptanz durch die "normalen" Fans konnte, bzw. durch perverse Repressionen durch die jeweiligen Vereine und Ordnungshüter mußte auf derartiges zunehmend verzichtet werden.

Trotzdem werden diese Aktionen gern weiterhin mal zwischendurch genutzt. Die Ultra-Bewegung verbreitet sich also immer weiter und gewinnt, gerade in Zeiten der multimedialen Vernetzung, mehr und mehr an Einfluss. Dies ist den Offiziellen und den Hintermännern des modernen Fußballs ein Dorn im Auge, da somit ihr Ziel, den Fußball immer mehr nach ihren Vorstellung weg vom Volkssport hin zum Business zu gestalten, gestört wird. Auch das Ziel, den Fußballfan zum willenlosen Konsumenten umzufunktionieren, der nur für den Kommerz zu gebrauchen ist, wird zum Glück erschwert. In Deutschland kann man den Unmut der Verbände und Bosse bereits spüren. Choreographien werden verboten, viele Ordner und Polizisten in die Fanblöcke gestellt und Kameras überwachen das gesamte Stadion geschehen. Fans werden mit willkürlichen und rechtstaatlichen Grundsätzen widersprechenden Stadionverboten belegt und in illegalen Dateien gespeichert.

Der Presse wurde immer wieder eingeimpft, daß Ultras böse und gemein sind, dem Fußball womöglich sogar schaden. Teils aus Unwissenheit oder auch Mutwillen, wurden so Gerüchte verbreitet die die Ultra-Gruppierungen teilweise stark geschädigt haben. So wurde der Begriff "Ultras" allein im Zusammenhang mit Randalen genutzt, vom "Ultra-Milieu" wurde da gesprochen. Anderen Ultra-Aktionen, wie dem Tifo, wurde keine Beachtung geschenkt. Selbst im Lexikon steht, daß Ultras "Extremisten im politischideologischen Bereich" sind, die Presse schrieb immer wieder von "Rechtsextremen Chaoten". Dies kommt wohl aber daher, daß es z.B. in Italien durchaus rechtsextreme Gruppierungen bei den Ultras gibt, und deren Taten oder Auffälligkeiten auch international eine Notiz wert sind, bloße Begeisterung unpolitischer Gruppen oder karitative Aktionen von linksgerichteten Ultras hingegen nicht. In Deutschland wehren sich viele Ultragruppierungen gegen rechte Einflüsse. Urwaldrufe gegen farbige Spieler oder rassistische Lieder werden einfach mit anderen Gesängen übertönt. Erfreulicherweise sind wir nun in einer Phase, in der die Presse sich immerhin doch ab und an mal wirklich zu interessieren scheint, was Berichte über Groundhopper und Ultra-Gruppierungen zeigen.

Auch die Zusammenarbeit mit den Fanprojekten wurde verbessert, viele Vereine, unserer leider nicht, erkennen inzwischen auch, daß die Ultras, die wohl treuesten der treusten Fans, den Stadionbesuch entscheidend aufwerten. Die Ultra-Gruppierungen werden akzeptiert und gewinnen an Einfluss, können in Eigenregie (bedeutet auch immer mit eigenen Geldern!) Choreos erstellen und durchführen. Trotz aller Probleme steht den Ultras die Zukunft offen.