Offizielle Erklärung zu den 59 Stadionverboten

Offizielle Erklärung der Schickeria München zum Stand der Dinge bei den 59 Stadionverboten gegen Mitglieder unserer Gruppe

Aufgrund eines angeblichen Vorfalls nach dem Spiel des FC Bayern in Duisburg am 25.03.2006 werden gegen 59 Bayernfans Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Landfriedensbruches eingeleitet. Der MSV Duisburg vertreten durch seinen Sicherheitsbeauftragten Michael Meier erteilt gegen alle Betroffenen bundesweite Stadionverbote über zwei Jahre. Als Begründung wird die Aufnahme des Ermittlungsverfahrens angeführt.

Ende Oktober 2006 stellt die Staatsanwaltschaft Duisburg das Ermittlungsverfahren gegen acht Betroffene nach § 170 Absatz II StPO ein. Begründet wird dies dadurch, dass ein Anfangsverdacht fehlt. Obwohl sofort die Aufhebung des Stadionverbotes beantragt wird, kommt Herr Meier vom MSV Duisburg dem erst nach drei Wochen nach, nachdem der Anwalt der Betroffenen mehrmals nachhaken und Fristen setzen musste.

Anfang Dezember werden von der Staatsanwaltschaft Duisburg weitere Verfahren nach § 153 Absatz I StPO eingestellt. Der auf Grundlage dieser Einstellungen beantragten Aufhebung der Stadionverbote kommt Herr Meier nicht nach. In einem Schreiben teilt er Ende Dezember mit, dass er im Falle einer Einstellung nach §153 Absatz I StPO nach den Richtlinien des DFB zur einheitlichen Festsetzung und Verwaltung von Stadionverboten berechtigt ist, nach Prüfung im Einzelfall zu entscheiden, ob er das Stadionverbot aufhebt.

Nicht nur die Stadionverbote gegen über 50 Betroffene bleiben, obwohl das strafrechtliche Verfahren eingestellt wurde. Es bleiben auch einige Fragen zu den Richtlinien der Stadionverbote und der Praxis durch Vereine und Polizei offen:

Wie lässt es sich rechtfertigen, dass acht Betroffene über ein halbes Jahr aus den Stadien ausgesperrt waren, obwohl laut der Einstellung durch den Staatsanwalt kein Anfangsverdacht vorlag?

Wie kann es sein, dass bei den Richtlinien des DFB ein Unterschied gemacht wird zwischen einer Einstellung nach § 170 Absatz II StPO und einer Einstellung nach § 153 Absatz I StPO? Der § 153 Absatz I StPO stellt zwar eine Einstellung aufgrund geringer Schuld oder fehlendem öffentlichem Interesse dar, ist aber in der juristischen Praxis den anderen Einstellungen gleich zu setzen. An dieser Stelle der StPO kann der Staatsanwalt ein Verfahren einstellen, ohne dass über die seiner Meinung nach geringe Schuld verhandelt wird. Der Betroffene hat an dieser Stelle keine Chance dagegen vorzugehen, beispielsweise Rechtsmittel einzulegen, um so seine Unschuld zu beweisen, oder ein Gerichtsverfahren mit möglichem Freispruch zu erreichen. Genau das müsste er aber für eine Aufhebung des Stadionverbotes tun.

Wie lässt sich erklären, dass die Verfahren gegen acht Betroffene nach 170 Absatz II StPO, die Verfahren gegen die restlichen Betroffenen einen Monat später aber nach § 153 Absatz I StPO eingestellt werden, obwohl in allen Fällen die Akten den selben Ermittlungsstand haben, der in den ersten acht Fällen keinen Anfangsverdacht ergab?

Wie kann es sein, dass bei einem so massivem Vorwurf, der dazu diente 59 (!) Betroffene mit einer so drastischen Strafe zu belegen, plötzlich nur eine geringe Schuld vorliegen soll? Dass der Staatsanwalt von einer so geringen Schuld ausgeht, dass er das Verfahren ohne richterliche Kontrolle einstellen darf, der MSV Duisburg aber andererseits von einem so gravierenden Vorfall ausgeht, der ein Stadionverbot rechtfertigt?

Innerhalb dieser Zeit, zwischen dem Eingang des ersten Briefes mit der Kopie der Einstellung nach § 170 Absatz II StPO und dem Antrag nach Aufhebung des Stadionverbotes bei Herrn Meier Anfang November und der Einstellung der restlichen Verfahren nach § 153 Absatz I StPO durch die Staatsanwaltschaft Duisburg, war diese für unseren Anwalt nur schwer zu erreichen. Herr Meier war aber offensichtlich mit ihm in Kontakt, schließlich teilte er sowohl unserem Anwalt als auch Mitarbeitern des Fanprojekts München mit, die Einstellungen nach § 170 Absatz II StPO seien in den acht Fällen irrtümlich erstellt worden. Auch die "Szenekundigen Beamten" der Münchner Polizei hatten in dieser Zeit "einen heißen Draht nach Duisburg". So lautete jedenfalls die Entschuldigung, als Mitarbeiter des Fanprojektes sie einmal telefonisch erreichen wollten. Inwieweit hatten also Herr Meier vom MSV Duisburg und die "Szenekundigen Beamten" der Münchner Polizei Kontakt zu Oberstaatsanwalt Metzler, während dieser innerhalb dieses Monats die Entscheidung fällte, die restlichen Verfahren nicht nach § 170 Absatz II StPO sondern nach § 153 Absatz I StPO einzustellen?

Wie schaut die bei Einstellungen nach § 153 Absatz I StPO übliche Prüfung des Einzelfalls aus, wenn aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft offensichtlich niemandem eine individuelle Schuld nachgewiesen werden kann? Wie hat Herr Meier entschieden, dass er bei dieser Prüfung zu einem negativen Urteil kommt?

All diese Punkte machen deutlich, wie fragwürdig die derzeitige Vergabepraxis für Stadionverbote ist und wie leicht Polizei und Vereine sie willkürlich auslegen und missbrauchen können, wenn sie unliebsame Gruppen aus den Stadien aussperren wollen.

Die derzeitige Vergabepraxis muss abgeschafft werden!