Bericht Fandemo 09.10.2010 in Berlin:
Die drei großen Fanorganisationen ProFans, BAFF und Unsere Kurve hatten neben vielen Fan- und Ultragruppierungen zur Demo am 09. Oktober 2010 in Berlin aufgerufen.
Und bereits ab 12 Uhr fanden sich nach und nach die Fangruppen am Roten Rathaus, in der Nähe des Alexanderplatz ein. Die Polizei spricht von über 5.000 Demonstranten und da von dieser Stelle die Zahlen ohnehin immer etwas nach unten korrigiert werden ist auch anhand subjektiver Einschätzungen unserer Leute vor Ort und in Gesprächen mit Vertretern anderer Fanszenen und den Organisatoren der Herthafans vor Ort von einer Teilnehmerzahl in Höhe von etwa 7.000 auszugehen. Eine Zahl mit der im Vorfeld so wohl niemand gerechnet hat und als eindeutiges Signal an Vereine, Polizei, DFB und DFL zu werten ist das sich die Fans für ihre Rechte organisieren können und sich nicht alles gefallen lassen!
Von Saarbrücken bis Aue und von Hamburg bis München waren insgesamt aus dem gesamten Bundesgebiet mehr als 160 Fangruppen von mehr als 50 Vereinen dem Aufruf gefolgt gemeinsam "Zum Erhalt der Fankultur" auf die Straße zu gehen. Bereits im Vorfeld der Demo haben sich unzählige Fangruppierungen auf dem Demo-Blog www.erhalt-der-fankultur.de auf der Unterstützerliste eingetragen. Amnesty International war ebenfalls vor Ort und verteilte neben Informationsmaterial auch Unterschriftslisten als Forderung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte.
Aus München waren drei Busse angereist, vor Ort sollte sich die Anzahl an Bayernfans auf 170 eingependelt haben.
Schon zu Beginn zeigte sich was für eine unglaubliche Masse an Fans den Weg nach Berlin gefunden hat, sodass der ursprüngliche Sammelplatz vor dem Roten Rathaus auf eine größere Straße nebenan verlegt werden musste. Völlig friedlich reihten sich dort dann nach und nach die verschiedenen Fangruppen auf der Straße ein. Rivalität, sinnloses Bepöbeln anderer Fangruppen oder alkoholbedingte Ausfälle wären bei so einer wichtigen Veranstaltung auch absolut Fehl am Platz und konnten auch sehr zur Freude nicht vernommen werden.
An der Spitze des Demonstrationszuges fanden sich die einzelnen Vereinswappen auf Papptafeln zusammen, welche durch farbige Bänder mit dem Berliner Demotruck verbunden waren und optisch eine Art Krake darstellten. Dadurch wurde gleich zu Beginn deutlich gemacht dass es sich um eine überregionale Fan-Demonstration handelt zu der sich die einzelnen Fanszenen symbolisch vereinen!
Insgesamt verlief die Demo absolut friedlich und es gab keinerlei Zwischenfälle. Alle Fans haben bewiesen, dass sie ihr Verhalten regulieren können, sodass die Demo ohne Probleme über die Bühne gegangen ist. Die Fans zeigten eindrucksvoll wie bunt und vielfältig unsere Fankultur ist und wiesen gleichzeitig auf unzähligen Transparenten auf die ganzen Problemfelder hin, mit denen wir uns tagtäglich konfrontiert sehen: ungerechtfertigte Stadionverbote, unsachliche Verbote von Fanutensilien, Kommerzialisierung, fanunfreundliche Anstoßzeiten, zu hohe Ticketpreise, pauschale Kriminalisierung von Pyrotechnik, Willkür und Polizeigewalt.
Schaut euch einfach die unzähligen Bilder und Videos im Internet an und überzeugt euch selbst vom eindrucksvollen Bild das an diesem Tag in Berlin gezeigt wurde.
Jede Fanszene griff dabei für sich ein Motto auf um näher darauf einzugehen. Die bayrischen Gruppen aus München, Fürth, Burghausen, Augsburg und Regensburg wandten sich geschlossen gegen das USK und forderten dessen sofortige Abschaffung.
In unserem Demoblock hatten wir zum Thema einen überdimensionalen Schlagstock schwingenden USK Polizisten im Darth-Vader-Look dabei und teilten allen Leuten mit wo genau "die dunkle Seite der Staatsmacht" zu finden ist nämlich bei uns im Freistaat Bayern in Gestalt der örtlichen Unterstützungskommandos (USK). Am Ende der Demo wurde dem USK Darth-Vader dann symbolisch die Luft rausgelassen, was mit einem dazugehörigen Spruchband auf der Häuserfront nebenan untermalt wurde.
Zu Beginn der Auftaktkundgebung gab es die Begrüßung durch die Fanorganisationen ProFans, BAFF und Unsere Kurve und einen kurzen Überblick wie es überhaupt zur diesjährigen Fandemo gekommen ist. Grußworte von der KOS (Koordinationsstelle Fanprojekte) wurden auch noch verlesen. Anschließend gab es dann Redebeiträge zur Selbstreflexion der Fanszenen über ihr eigenes Handeln von einem Vertreter der Harlekins Berlin, wie auch noch spontan von unserer Seite. Der Redebeitrag vom Kollegen aus Berlin ist auf der Seite www.hb98.de zu finden und sei jedem ans Herz gelegt nachzulesen!
Allein diese Tatsache zeigt deutlich das sich die Fans ihrer Verantwortung bewusst sind und trug zur Authentizität der Veranstaltung bei. Wir begrüßen es sehr dass eine Selbstreflexion der Fanszenen eingesetzt hat und hoffen das sich wieder vermehrt auf die essentiellen Punkte konzentriert wird, was unsere Bewegung jetzt auch schon seit gut einem Jahrzehnt ausmacht. Das diesjährige Demomotto passt da auch super dazu: "Zum Erhalt der Fankultur – Fußball lebt durch seine Fans".
Der Demomarsch verlief von der S-Bahnunterführung am Bahnhof Alexanderplatz über die Karl-Liebknecht-Straße, Torstraße und Friedrichstraße quer durch die Berliner City und dauerte knapp 3 Stunden. Dabei wurden gemeinsam lautstark Lieder angestimmt und Infoflyer an die Passanten verteilt.
"Fußball muss bezahlbar sein – Für alle!", "Gegen alle Stadionverbote" "Für den Erhalt der Fankultur" schallte es durch die Berliner Straßen und ernteten sehr viele interessante Blicke und auch den Applaus der Passanten.
Mit "USK Abschaffen!", "Gegen Polizeigewalt" und "Für heut und allezeit, wir sind immer hier – Eure Repressionen halten uns nicht auf!" trugen auch wir lautstark unseren Teil zum Großen Ganzen bei.
Bei der Abschlusskundgebung gab es einen Redebeitrag vom Berliner Rechtsanwalt Lau, der den Fans die Unterstützung der Anwälte gegen ungerechtfertigte Stadionverbote und Polizeiwillkür zusicherte und weiterhin auf die höchst umstrittene Datei Gewalttäter Sport näher einging und eindeutig darlegte warum diese trotz der nachträglichen "Rechtsgrundlage" des Bundesrates abgeschafft gehört.
Weiterhin brachte ein Vertreter der Chosen Few Hamburg mit seinem Redebeitrag nochmal eindeutig auf den Punkt warum sich die Fans zu dieser Demo versammelt haben und erntete dafür riesigen Applaus.
Auch ein Vertreter von BAFF unterstrich die Forderungen der Fans und richtete sich ebenfalls mit einigen Appellen an die Fans ihr eigenes Handeln immer kritisch zu hinterfragen und weiterhin gemeinsam für mehr Fanrechte einzustehen.
Das ProFans-Büro meldete sich zum Abschluss auch nochmal zu Wort und bedankte sich bei allen Teilnehmern für den reibungslosen Ablauf und verdeutlichte, dass diese Demo als Startschuss einer langfristigen Kampagne gedacht ist, an der sowohl die teilnehmenden Fanszenen weiterhin zusammenarbeiten sollen und signalisierte auch eindeutige Gesprächsbereitschaft und eine Einladung an die Gruppen die sich im Vorfeld der Demo kritisch geäußert hatten sich ebenfalls wieder in die fanpolitische Arbeit einzubringen.
Getreu dem Motto: "Getrennt bei den Farben – Vereint bei der Sache".
Die Fandemo kann also als großer Erfolg gewertet werden, den es nun durch eine erfolgreiche Weiterführung der Kampagne in der Zukunft zu bestätigen gilt!
Ein Dank geht an alle Fans, die zum erfolgreichen Verlauf der Demo beigetragen haben, sowie natürlich den Hauptorganisatoren aus Berlin und den Fanorganisationen ProFans, BAFF und Unsere Kurve.
Relativ zeitnah werden jetzt viele Bilder und auch Filmaufnahmen des Demonstrationszuges und der Redebeiträge auf der Seite www.erhalt-der-fankultur.de veröffentlicht.
Haltet euch also immer Aktuell auf dem Laufenden!
Anbei erhaltet ihr jedoch schon mal vorab eine kleine Auswahl an Presseartikel, sowie einen Videozusammenschnitt der Demo:
tagesspiegel.de - Fans nehmen gemeinsam Anstoß
spiegel.de - Freunde für einen Tag
sueddeutsche.de - Ein Mosaik des Unmuts
schwatzgelb.de - Erfolgreicher Fanprotest in Berlin
turus.net - Tausende Fans bei der Demo zum Erhalt der Fankultur