NUR DIE ULTRAS? NUR EIN PAAR UNBELEHRBARE?

Oder steckt doch mehr dahinter?

Der Kampf einer Fanbasis darum, nicht nach Gutsherrenart geführt zu werden, sondern in den wenigen Fragen, die das moralische Grundverständnis der Vereinsgemeinschaft anrühren, gehört und v.a. bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt zu werden.

Fragen über Fragen: Wie konnte es soweit kommen? Und wer trägt die Verantwortung dafür? Protestieren wirklich nur wenige Fans?

Das sind nur einige der Fragen, von denen wir uns wünschen, dass sich die Öffentlichkeit diese mal gestellt hätte. Anstatt einseitige Fernsehberichte, Zeitungsartikel und Blog-Einträge in die weite Welt zu jagen. Weitere Fragen gefällig?!

Waren es wirklich nur die "unbelehrbaren Ultras" und "Hardliner", die protestiert haben?

Warum hingen denn nahezu alle Zaunfahnen der Fangruppen und Fanclubs, egal ob Süd- oder Nordkurve, egal ob Haupt- oder Gegentribüne am Samstag falsch herum? Warum hat denn KEIN EINZIGER Bayernfan in den ersten acht Minuten angefeuert? Warum haben über 130 Fanclubs den offenen Brief vom Club Nr. 12 an Uli Hoeneß unterschrieben?

Weiter kann man sich fragen:

Warum haben sich zig verschiedene Gruppen, Fanclubs und Einzelpersonen die ganze Woche über die Arbeit gemacht Aktionen vorzubereiten, Spruchbänder zu basteln und diese am Samstag zu zeigen? Nachzulesen z.B. auch hier: www.inferno-bavaria.de oder hier: Sonderausgabe des Fanzines 'Minga Oida!'.

Warum waren fast 3.000 Protest-Shirts schnell verkauft und der Nachfrage konnte kaum mehr nachgekommen werden? Warum erreichen uns noch unzählige Nachfragen, wie man an die Shirts kommen kann?

Waren es echt nur die von der Presse genannten "wenigen Unbelehrbaren" oder herrscht nicht doch ein mehr als breiter Konsens in der gesamten Fanszene des FC Bayern?

Da können in den berichtenden Medien noch so viele Umfragen gestartet werden…Das Herz der Fans und speziell der Fanszene schlägt im Stadion. Egal ob beim Heimspiel oder beim Auswärtsspiel in der Bundesliga oder beim Europapokal in Rumänien.

Spätestens jetzt muss doch der Vereinsführung sowie dem Präsidium klar und deutlich werden, dass in den Augen von sehr vielen Fans etwas ganz gehörig falsch läuft!

Sportdirektor Christian Nerlinger wird mit den Worten "Man sollte sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren" zitiert. Nichts würden wir lieber machen, als uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und die Mannschaft wie auch sonst immer lautstark anzufeuern und somit noch das Bestmögliche aus der Saison 2010/2011 rauszuholen!

Auch wenn die Saison alles andere als nach unseren Vorstellungen und Träumen verläuft - wir stehen immer hinter unserer Mannschaft! Wir werden niemals die grandiose vergangene Saison vergessen und auch in der schwierigen Saison überall hinter dem FC Bayern stehen. Habt ihr uns jemals gesehen, wie wir die Mannschaft auspfeifen? Nein! Habt ihr uns gesehen, wie wir das Stadion weit vor Spielende verlassen, wenn es mal nicht so läuft? Nein! Und ihr nehmt es Euch raus, gerade diese Fans eine "Schande für den FC Bayern" zu nennen? Während der Rest die Mannschaft in die Kabine pfeift oder vor irgendeinem Fernseher der Republik verflucht? Eigentlich ist das die einzige zweifelsfreie Frechheit des vergangenen Wochenendes.

Genauso wenig werden die Bedeutung von Uli Hoeneß und seinen Verdiensten für den FC Bayern vergessen. Aber das ist hier nicht der springende Punkt. Denn trotz dieser Bedeutung muss man auch einen Uli Hoeneß kritisieren dürfen. Und eben in der Konsequenz auch eine klare, faktisch nachweisbare Lüge als eine solche bezeichnen dürfen. Wahrheit ist noch lange keine Frechheit, nur weil es eine unbequeme Wahrheit ist. Eine die manche Leute nicht hören möchten.

Bei der letzten Jahreshauptversammlung des FC Bayern wurde allen anwesenden Mitgliedern klar und deutlich gesagt, dass es keine weitere finanzielle Unterstützung für die Blauen gibt.

Und was müssen dann alle Bayernfans erfahren? Dass ihr Präsident Uli Hoeneß hinter den Kulissen zusammen mit der Stadt München und verschiedenen Banken an der Rettung der Blauen arbeitet. Und zwar nach Aussagen der anderen Beteiligten (Ude, Schäfer und Schneider) mit größtem Eifer und Engagement. Erst recht nach den klar und deutlich getroffenen vorherigen Aussagen stößt das bei uns gelinde gesagt auf Unverständnis!

Auch wenn es sich am Ende vielleicht doch "nur" um eine Stundung diverser angehäufter Schulden handelt oder auf mehrere Millionen vertraglich vereinbarte Miet- und Cateringeinnahmen mal eben so verzichtet wird.

Warum zerrt man den Lokalrivalen wegen der Cateringkosten erfolgreich vor Gericht und verzichtet kurze Zeit später doch auf das dem FC Bayern zustehende Geld? Im Übrigen ist auch der teilweise Erlass von Miet- und Cateringeinnahmen eine finanzielle Unterstützung. In den Medien jedoch wird so getan, als käme die wahrscheinliche Rettung der Blauen nur durch den Einstieg eines Investors zustande und der FC Bayern würde sich selbst finanziell gar nicht beteiligen.

Auch wenn das Aktiengesetz den Vorstand der AG formell "zwingt" etwas zu tun und Ihm somit ein Alibi hinsichtlich der moralischen Argumentation der Fans verschafft, heißt das nicht, dass sich der Präsident des e.V. Kraft seiner persönlichen öffentlichen Reputation und Bekanntheit kräftig für Medienwirbel rund um den TSV stark machen muss - und praktisch als alleinig vertrauenswürdige Person für den Lokalrivalen um Aufmerksamkeit und Wohlwollen bittet. Den Vorstand der AG kann man nicht dafür kritisieren, dass er sich formal strikt korrekt verhält (was auch niemand getan hat), den Präsidenten aber sehr wohl dafür, dass er massiv einem Verein hilft, der von seinen Mitgliedern verachtet und "zum Teufel gewünscht" wird.

An der Stelle wollen wir auch noch an weitere von Uli Hoeneß getroffene Aussagen erinnern, für die er sich von den Fans des FC Bayern hat feiern lassen:

  • "Wenn uns der TSV 1860, aus welchen Gründen auch immer, bitten sollte, aus dem jetzigen Vertrag auszusteigen, dann werde ich die Kapelle, die die Sechziger aus dem Stadion begleitet, persönlich mit dem Defiliermarsch anführen."
  • "Wir helfen nicht mehr. Jetzt muss sich Sechzig selbst helfen..."

Wir möchten der Versachlichung halber festhalten: Es geht keineswegs darum, die Person Uli Hoeneß zu beleidigen oder seine zahlreichen Verdienste in Abrede zu stellen. Aus unserer Sicht ist das an besagtem Tag auch gar nicht passiert. Wohl aber ging es darum, ihn mit empörter Kritik und der Fassungslosigkeit ob der Rettung der Blauen bzw. der Tatsache, dass diese nicht nur überhaupt gedacht, sondern auch noch öffentlich durchexerziert werden kann, zu konfrontieren. Uli Hoeneß ist nicht beleidigt worden, es sei denn er hat sich durch ungeschminkte Kritik "beleidigen" lassen. Bei der sonst von ihm an den Tag gelegten konfrontativen Art vermag man dies allerdings kaum zu glauben. Dass einige Aussagen verschiedener Gruppen und Fanclubs etwas derber ausgefallen sind, mag daran liegen, dass man vorher nicht gehört und ernst genommen wurde.

Bei allem Respekt vor seinen unbestrittenen Verdiensten für den FC Bayern - ein Uli Hoeneß ist nicht DER FC Bayern. Es gibt niemand einzelnen, der wichtiger sein kann als der Verein selbst und dies sollte man immer und für jeden(!) geltend berücksichtigen. Andernorts wird dieses Grundprinzip teils besser und ehrfürchtiger dem Club gegenüber vorgelebt. Der FC Bayern ist der FC Bayern. Und Uli Hoeneß ist Uli Hoeneß. Beide haben viel miteinander zu tun, aber sie sind nicht identisch. Unser Trainer Louis van Gaal hat es kürzlich so treffend auf den Punkt gebracht, als wäre er ein langjähriges Mitglied oder ein Fan aus der Kurve: "Der FC Bayern ist größer als ich. Aber er ist auch größer als ein Vorstand. Und auch größer als ein Präsident."

Beim FC Bayern sollten wir Verdienste würdigen und niemals vergessen. Das setzt aber auch eine gewisse Demut der handelnden Personen gegenüber dem Verein als Solches und seiner (ganzen) Geschichte und den von den aktiven Mitgliedern und treuesten Fans geteilten Grundwerten und Ansichten voraus. Wir sollten also Verdienste aus der Vergangenheit angemessen würdigen - aber keine Säulenheiligen verehren, die niemand mehr kritisieren darf!

Einen mit Immunität ausgestatten "Mr.Verein" kann und darf es nicht geben - denn das wiederum würde die Größe des Clubs beleidigen. Wir sind Fans eines Vereins mit 111 Jahren Geschichte und nicht (nur) von Uli Hoeneß...

Hierzu kann man auch klarstellend anmerken, dass selbstverständlich auch die Südkurve nicht wichtiger ist als der Verein als Ganzes. Dies bildet sich auch keiner ein. Aber sie kommt am Nächsten an das heran, was man im ursprünglichen Sinne als einen "Verein" versteht. Und deshalb sollte sie zumindest in einigen wenigen, ganz grundsätzlichen Fragen auch als entscheidender Faktor berücksichtigt werden.

Es geht hierbei doch längst nicht darum, dass die Fans auf alle (sportlichen und wirtschaftlichen) Entscheidungen Einfluss nehmen wollen bzw. sich die Kompetenz anmaßen dies zu können. Angesichts der getätigten Aussagen und Versprechen fühlen wir uns aber schlichtweg hintergangen, nicht ernst genommen und um sicher geglaubte Grundwerte betrogen. Und hierbei geht es um grundlegende Sachen, unter deren Einhaltung sich auch ein Verein des "modernen Fußballs" würde problemlos führen lassen. Eben nur ein wenig anders – nicht um jeden(!) Preis.

Wir sind weiter der Meinung, dass es der Sache von tausenden Bayernfans nicht gerecht wird und nicht gut tut, wenn deren Protest zur Privatfehde der Schickeria degradiert wird. Wir haben zwar kein Problem damit, wegen unserem Bekanntheitsgrad im Gegenwind zu stehen, aber die alleinige Fokussierung auf uns schadet dem berechtigten Anliegen einer weit größeren Gemeinschaft von Bayernfans. Und darum, dass diese nicht weiter ignoriert werden, sollte es doch eigentlich gehen.

Es war an der Zeit zu sagen: ES REICHT! So nicht! Nicht mit uns! Sehr viele Bayernfans haben ZUSAMMEN ein klares Zeichen gesetzt und ihre Meinung artikuliert.

Und wir denken, dass dies für jeden nachvollziehbar sein sollte.

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