MIA SAN ULI? - MIA SAN DIE BAYERN!

Hat EIN FC Bayern all DAS nötig?

Knapp drei Wochen sind nun vergangen seit sich Vorstand und Präsident des FC Bayern mit massiver Kritik seitens der Fankurve an den geplanten Hilfsmaßnahmen für den blauen Lokalrivalen konfrontiert sahen. Zeit für eine kurze Bestandsaufnahme und die Frage, wie die Verantwortlichen beim FC Bayern mit den vielfältigen Protestaktionen aus der Kurve umgegangen sind.

Drei Merkmale charakterisierten ihr Handeln in den letzten Wochen: ein Personenkult um einen charismatischen Präsidenten, eine intensive Mobilisierung für diesen Anführer und damit einhergehend eine Ausgrenzung und selektive Repression gegen eine angeblich erfolgsschädigende Opposition im eigenen Verein.

Dass Uli Hoeneß ein charismatischer Mann ist, wird sicher niemand in Frage stellen wollen. Der Spiegel schrieb nicht umsonst, dass unser Präsident es fast immer geschafft hätte sowohl die kühlen, als auch die emotionalen Typen zu erreichen. Erst auf der letzten JHV verstand er es geschickt, mit seinen Äußerungen über den blauen Lokalrivalen Standing Ovations zu ernten. Zweifellos hat Uli Hoeneß seine Verdienste um unseren Verein. Der seitens der Vereinsführung nun um ihn inszenierte Personenkult verklärt den Präsidenten allerdings zu einer heiligen Kuh, die über jede Kritik erhaben ist, und stellt ihn auf gleiche Ebene mit dem Verein selbst. Ein Beispiel hierfür ist die "Mia san Uli"-Aktion rund um das Heimspiel gegen Leverkusen. Die Unterstützung der Organisatoren galt gezielt dem Präsidenten und das Motto "Mia san Uli" stand im krassen Gegensatz zum ansonsten verwendeten "Mia san mia - Mia san die Bayern" - Unterstützung explizit für Uli Hoeneß und nicht für den FC Bayern. Die Überhöhung des Präsidenten manifestiert sich auch im aktuellen Vereinsmagazin. Uli Hoeneß wurden zwölf Seiten inklusive der Titelseite gewidmet. Diese Fokussierung auf den Präsidenten wirkt angesichts der momentanen Umstände wie plumpe Propaganda. Der FC Bayern ist die Gesamtheit seiner Teile. Er ist mehr als ein Uli Hoeneß.

Erstaunlich, wie der Vorstand keinen Aufwand scheute, um gegen die Proteste der Südkurve zu mobilisieren. Der Präsident von Darmstadt 98 wurde herangezogen, um über die Rolle unseres Präsidenten bei der Rettung der Lilien zu berichten und ihn als barmherzigen Samariter zu skizzieren. Eine Rettung, für die Herrn Hoeneß übrigens alle Teile der Fanszene hohen Respekt zollten und die wir mit unseren Eintrittsgeldern für dieses Spiel auch aktiv unterstützten. Aber auch weitere Stimmen wurden bemüht, sich gegen den Protest auszusprechen. Ist es hier noch verständlich, dass einige alte Weggefährten ihrem Freund Uli zur Seite springen, wird im Folgenden deutlich, wie stark die Führung des FC Bayern nicht nur versucht, die öffentliche Wahrnehmung zu ihren Gunsten zu beeinflussen, sondern dabei auch vor Täuschungsmanövern nicht zurückschreckt. Die "Mia san Uli"-Aktion letzten Sonntag trug eindeutig die Handschrift des Vereins. Den Organisatoren wurden 30 Arbeitskarten zur Verfügung gestellt, um im Stadion die entsprechenden Banner aufzuhängen und die Blockfahnen auszulegen. Beides war im Corporate Design des FC Bayern gehalten. Des Weiteren war auch das Material identisch mit dem der Transparente, welche die Spieler auf dem Rasen hochhalten, um sich am Ende der Saison bei den Fans zu bedanken. Anscheinend hatte die "Mia san Uli"-Initiative auch einen Mangel an engagierten Helfern, wie sonst lässt es sich erklären, dass einer der Organisatoren nach eigenen Angaben ein Drittel der Arbeitskarten an Freunde seines Sohnes und nicht an engagierte Bayernfans, die die Aktion unterstützen wollten, vergeben hat. Trotzdem waren am Freitag vor dem Spiel noch immer Arbeitskarten übrig. Es mangelte bei den Fans anscheinend an Engagement für diese Aktion, die ob der großen Blockfahnen auch aus finanzieller Sicht nicht gerade billig gewesen sein dürfte. Der Verdacht, der Verein hätte hier seine Finger im Spiel gehabt, drängt sich somit mehr als auf. Deshalb ist es besonders verwerflich, dass man die Chose trotzdem als eine von den Fans allein durchgeführte Aktion darstellt. Eine weitere von allen Medien aufgegriffene Sache, bei der die Verantwortlichen des FC Bayern wohl ihre Finger im Spiel gehabt haben, war der "Uli Hoeneß - Du bist der beste Mann"-Gesang, der in der 72. Minute kurz durchs Stadion ging. Verschiedene Personen, die das Spiel von ganz unterschiedlichen Plätzen im Stadion verfolgten, schildern übereinstimmend, dieser sei über die Lautsprecher eingespielt worden. Glaubt man diesen zahlreichen Berichten, verstärkt es nur den bereits bestehenden Eindruck, dass die Verantwortlichen der Öffentlichkeit eine heile FC Bayern Welt vorzuspielen versuchen, in der nur einige wenige Ewiggestrige querschießen.

Wie der Vorstand mit Kritikern umgeht, zeigt sich sehr schön am offenen Brief des Vorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge im Bayern-Magazin zum Leverkusen-Spiel. Hier wird den Kritikern indirekt – ohne jegliche Differenzierung der Aktionen – Respektlosigkeit, Anstandslosigkeit und Intoleranz unterstellt. Vorstandsvorsitzender Rummenigge erklärt, die Bayernfans distanzierten sich von den Vorkommnissen beim Gladbachspiel. Schon vorher spricht Rummenigge davon, dass er und "alle, die dem FC Bayern verbunden sind" völlig entsetzt darüber waren. Ohne zu konkretisieren, spricht er damit pauschal den am Protest Beteiligten ab, dem FC Bayern verbunden zu sein. Eine propagandistische Grundübung. Ausgegrenzte Minderheiten lassen sich schnell und einfach diskreditieren und sind ein geeignetes Ziel für den Volkszorn. Gleichzeitig wird es einfacher, von ihnen vertretene Positionen als falsch und schädlich darzustellen. Hierzu bedient sich der Vorstandsvorsitzende der Worte Philipp Lahms. Den Fans wird grundsätzlich das Recht auf kritische Meinungsäußerung im Stadion abgesprochen. Dem einzigen Ort, an dem sie eine breite Öffentlichkeit erreichen können. So gebe es Orte, an denen man Politik betreiben oder kritische Worte äußern dürfe, aber nicht im Stadion, denn das irritiere jeden einzelnen Spieler. Viel Glauben braucht man den Worten unseres Kapitäns nicht schenken, muss man auch nicht. Der alleinige Sinn hinter diesem Zitat ist es, jegliche Proteste als destruktiv zu skizzieren. Es stellt einen Zusammenhang zwischen der Formulierung von Kritik und einem negativen Einfluss auf die Mannschaftsleistung her. Die Kritiker werden dadurch als "Feinde des Erfolges und somit als "Feinde des FC Bayern"" hingestellt. Tenor des Ganzen ist, dass jeglicher öffentlichkeitswirksame Protest (und Proteste von Fußballfans sind nur im Stadion öffentlichkeitswirksam) unterbunden werden soll.

AG-Vorstand und Vereinsführung versuchen die Kurve allerdings nicht nur auf propagandistischem Wege mundtot zu machen. Auch offene Repression findet sich im Standard-Werkzeugkasten gegen Fanproteste. Zuerst streicht man der Südkurve Megaphon und Vorsängerpodest, womit das Anfeuern der Mannschaft erschwert wird. Dies verdeutlicht die Bigotterie im Vorgehen des Vorstands. Einerseits fordert man geschlossene Unterstützung für die Elf auf dem Rasen, gleichzeitg erlässt man aber Maßnahmen, auf die man sich eine Trotzreaktion der Fans erhofft. Ein wie auch immer gearteter Stimmungsboykott beim Leverkusen-Spiel hätte es nämlich einfach gemacht, das Bild von den "Feinden des Erfolgs" weiter zu nähren.
Eine weitere repressive Maßnahme seitens der Offiziellen waren Körperkontrollen an den Eingängen zum Mittelblock der Südkurve. Dass die Kontrollen nur hier stattfanden, beweist bereits ihre Selektivität. Dass der FC Bayern bei Kritikern gerne mal mit einem anderen Maß misst, zeigte sich aber auch beim allgemeinen Umgang mit der Genehmigung von Spruchbändern. Im Vorfeld des Pokalhalbfinales gegen Schalke fragten wir diesbezüglich bei der Fanbetreuung an. Es wurde uns mitgeteilt, dass unabhängig vom Wortlaut keine Spruchbänder genehmigt werden könnten. Die Begründung könnten wir uns selbst denken. Diese Erfahrung beißt sich stark mit der auf der FCB Homepage publizierten Aussage, auch kritische Spruchbänder würden genehmigt werden, wenn sie nicht beleidigend seien. In der gleichen Erklärung legte der FC Bayern eine einwöchige Anmeldefrist für Spruchbänder fest. Eine Regelung, die bereits zwei Tage später nicht mehr in Kraft zu sein schien. Auf Nachfrage bei den Organisatoren der "Gegengerade für Uli"-Aktion stellte sich heraus, dass nach Absprache mit der Fanbetreuung Unterstützungsbekundungen für Uli Hoeneß auch ohne vorherige Anmeldung unbürokratisch den Weg ins Stadion finden würden und das auch getan haben. Diese Maßnahme scheint also nicht für die zu gelten, deren Meinungen in allen Belangen mit denen des Vorstands übereinstimmen.

Ein FC Bayern, der wirklich EIN FC BAYERN ist, und bei dem alle relevanten Teile des Vereins Gehör finden, hat einen Rückgriff auf solche Methoden nicht nötig.

Mia san die Bayern!