Mondiali Antirazzisti 2005

Nachdem wir bereits die letzten Jahre eigentlich an der antirassistischen Weltmeisterschaft in Italien teilnehmen wollten, dies aber 2003 aufgrund des Sommertheaters nicht klappte und wir letztes Jahr die Anmeldefrist verpasst hatten, spielte in diesem Sommer zum ersten mal eine aus Münchner Ultras bestehende Mannschaft in Monteccio mit.

Die vom Geschichtsinstitut Istoreco (Istoreco betreibt seit über 35 Jahren Geschichtsforschung zu Faschismus, Zweiter Weltkrieg, Antifaschismus und Antifaschistischen Widerstand in Italien) und von Progetto Ultrà (Dieses Projekt hat sich zur Aufgabe gestellt, durch Zusammenarbeit mit den Fußballfans fremdenfeindlichem und intolerantem Verhalten in- und außerhalb der Fußballstadien entgegenzuwirken und gleichzeitig die Werte der Fankultur zu verteidigen) organisierte Antira-WM findet bereits seit 9 Jahren jeden Sommer statt, die Teilnehmerzahl hat sich von 8 Teams beim ersten Mal auf mittlerweile 192 Frauen-, Männer- und Mix-Teams erhöht. Ultragruppen, MigantInnen, Faninitiativen, Fanprojekte, lokale Institutionen, Jugendgruppen... das Teilnehmerfeld ist bereits gefächert und reicht von Dänemark bis Spanien, von Großbritannien bis Griechenland und zum Teil sogar noch weiter, so ging beispielsweise der Pokal für das Team mit der weitesten Anreise an die Mannschaft Neve’ Shalom/Wahat Al Salam aus Tel Aviv (Das bemerkenswerte an diesem Team ist übrigens, dass es sich um ein Mix-Team aus Israelis und Palästinensern handelte, die zuhause ein gemeinsames Dorf gegründet haben)
Viel hatte man bereits von der Mondiali gehört und gelesen, dementsprechend groß war auch die Vorfreude auf das vom 6. Bis 10. Juli stattfindende Kleinfeldtunier, als sich unser ca. 15-köpfiges Team teils Mittwoch Abend, teils am Donnerstag auf den Weg über den Brenner machte.

Am Campingplatz angekommen, bauten wir unsere Zelte auf - direkt neben uns campten die Enfants Terribles (Untergruppe der Ultra’ Sankt Pauli), mit denen wir auch die meiste Zeit rumhingen, daneben dann der Rest von USP und noch ein paar andere St.Paulianer. Gleich nach der Ankunft wurde erstmal das Feativalgelände angeschaut: Auf der Piazza Antirazzista wurden Informationen über die teilnehmenden Gruppen, ihre Projekte und antirassistischen Aktivitäten ausgestellt, zusätzlich gab es hier auch Diskussionen und Gesprächsrunden, u.a. auch zum Thema Repression, sowie ein Videokino. Auch für die Verpflegung war mit mit zwei Restaurants, einem Kebab-Stand und drei Bars bestens gesorgt...
Donnerstagmorgen wurden dann erstmal unsere Nachkömmlinge begrüßt und der frühe Nachmittag Nachmittag bis zum Beginn des Turniers um 15:30 Uhr gemeinsam mit ein paar USP verbracht, denen wir dann auch bei ihrem ersten Auftritt gegen das Team von Gießen Asozial zuschauten. Naja, fußballerisch hatten die Jungs ungefähr so viel drauf wie wir, also nicht gerade allzu viel, Dies konnten wir dann bei unserem ersten Spiel kurze Zeit später auch "eindrucksvoll" demonstrieren:

Plaza FC Montecchio - Schickeria München 5:0
Donnerstag, 7.7., 18:00

In unserem Auftaktspiel hatten wir gegen den ortsansässigen Fußballclub nicht sonderlich viel zu melden... 5:0 hätte es aber trotzdem nicht gleich ausgehen müssen - man merkt halt, wenn man nie zusammen spielt. Auch einen Handball-Torwart hätten wir bei der Torgröße ganz gut gebrauchen können. Naja, letzendlich aber auch nicht so schlimm, blieb ja die Hoffnung auf die restlichen Spiele, bei denen die Gegner allesamt ebenffalls Fanmannschaften waren. Blieb nur die Frage, wie einige nach so einer Vorstellung ernsthaft erschöpft sein konnten?

Am Abend startete dann in der arena das Konzert-Programm. Den Anfang machte die französische HipHop Band L’Infanterie, die sicher nicht schlecht war, ein paar von uns hat’s wohl ganz gut gefallen, die meisten warteten aber eher auf den Auftritt von Los Fastidios, der auch eines der Highlights der Veranstaltung werden sollte: Während des ganzen Konzerts wurden Bengalen gezündet, Fahnen geschwenkt und gepogt - war sicherlich sehr geil das Ganze, schwer in Worte zu fassen, wer nicht dabei war, hat jeden Fall was verpasst!

Nach Los Fastidios trat noch eine deutsche Band auf, nämlich ZSK. Musik war gut, allerdings war nach dem Auftritt von Los Fastidios die Luft leider etwas raus. Den Abend ließen wir zusammen mit ein paar USP gemütlich bei dem ein oder anderen Bier vor den Zelten gemütlich ausklingen...
Freitagmorgen stand nach dem Frühstück - wahlweise Cappuccino, Eistee oder Bier schon das erste von heute 3 Spielen auf den Programm:

Commndos Tigre Siena Basket - Schickeria München 1:2
Freitag, 8.7., 11:00

Unser glorreicher (und einziger) Sieg wurde gegen die sehr symphatischen Baskettball-Ultras aus Siena (Die nebenbei bemerkt die "Coppa Antirazzista Basket" verliehen bekamen, da sie bei den Organisationen des Turniers mitgeholfen haben) herausgekämpft. Die Jungs spielten dann schon eher auf unserem Niveau, anfangs waren wir eigentlich sogar überlegen, allerdings musste unser Torwart-Hexer Phil erst einmal mit einem Eigentor motivieren, ehe wir den Spieß umdrehten... Gesungen wurde auf beiden Seiten auch etwas, die Jungs aus Siena hatten aber definitiv die schöneren Lieder. Am Ende wurde ein knapper aber wohl doch ein verdienter Sieg eingefahren - im Basketball hätte es aber sicher übel ausgeschaut...
Nachdem wir unsere wohlverdiente Pause genossen hatten ging es mittags dann bereits weiter mit dem Spiel...

Brigate Rossoblu’ Civitanova - Schickeria München 2:1
Freitag, 8.7., 14:00

Diesmal ein durch und durch ausgeglichenes Match gegen die ebenfalls sehr symphatischen Ultras aus Civitanova. Wir haben sogar mal geführt - was war denn da los? Aber getreu dem Motto ,,Wer 1:0 führt der stets verliert’’ stand es nach Ende aus unserer Sicht 1:2. Hätten wir sicherlich nicht verlieren müssen - Pech gehabt! Beide Teams sehr engagiert, aber alles im fairen Rahmen. Zum Schluss dann noch ein paar Geschenke von beiden Seiten - War cool...

Gate 13 - Schickeria München 5:0
Freitag, 8.7., 18:00

Im Nachhinein betrachtet war der Tag für uns wohl etwas zu lange... Während ein guter Teil unserer Mannschaft Richtung Platz schlenderte schienen sich die Spieler von Gate 13 gegenseitig überbieten zu wollen, wer am bösesten schauen kann, dementsprechend lief auch das Spiel. Die uns schon vorher nicht so sonderlich sympathischen Griechen traten dann auch ziemlich rüde und unfair auf - von relativ körperlosem Spiel wie es eigentlich hätte sein sollen war da nix zu merken. Auch sonst wurde festgehalten, Hand gespielt etc. - nicht die feine Art.

Passte aber zum sonstigen Auftreten der Panathinaikos-Leute... Klar haben die das ganze Turnier über viel gefeiert und gesungen aber irgendwie wirkte das ganze als würde es in erster Linie drum gehen, allen anderen Teilnehmern beweisen zu müssen, wer hier die Chiefs überhaupt sind. Kann natürlich auch sein, dass der Eindruck falsch ist, wir konnten mit denen aber wie gesagt nicht soviel anfangen.Aber zurück zum Spiel: Wir waren von deren Gegenart irgendwann ziemlich genervt und hatten auch keinen Bock mehr drauf und so ging es halt 5.0 aus. Hätten wir genauso gespielt, hätte es wahrscheinlich ne Massenkeilerei gegeben - auch nicht Sinn der Sache... Am Abend gab es dann einen Umzug aller Teilnehmer auf den zentralen Platz von Montecchio, der durch Fahnen der verschiedenen Teilnehmer und zahlreichen Bengalen sehr farbenfroh war. Dort haben wir dann auch unsere Gegner vom nächsten Tag (Rude Lions vom FC Kopenhagen) getroffen, waren recht lustige Leute. Zum Abschluss des Umzugs konnte man auf den Marktplatz noch ein Feuerwerk bestaunen. Molto bello...

In der Arena stieg auch diesen Abend wieder ein Konzert: Banda Bassotti hatte zum Tanz gebeten - da ließen sich die meisten natürlich nicht zwei Mal bitten. Dazu wurden wieder fleißig Bengalos gezündet und Fahnen geschwenkt - very nice! Dumm nur, dass bei uns nach dem doch recht anstrengenden Tag mit der Zeit immer mehr die Kraft ausging, um richtig abzugehen. Trotzdem wollte natürlich noch keiner wirklich pennen gehen also wurde auch nach dem Konzertnoch ein bisschen rumgeschaut, was gegessen, getrunken... bis man irgendwann dann doch todmüde ins Zelt fiel. Für ausgiebiges Schlafen war allerdings eh keine Zeit, schließlich stand für Samstag 10 Uhr das Spiel gegen die Rude Lion an. Ganz zu Schweigen von dem, was einen erst am Nachmittag erwarten sollte... Aber der Reihe nach: aufgrund des Regens wurde der Beginn der Partie erst mal auf 12 Uhr verlegt, was uns nicht gerade ungelegen kam - den Dänen sicher auch nicht... Also noch ein, zwei, drei, vier Kaffee reingekippt, die Lebensgeister wieder beschworen und auf zum letzten Vorrundenspiel:

Rude Lions FC Kopenhagen - Schickeria München 5:5
Samstag, 9.7., 14:00

Da wegen dem angesprochenen schlechten Wetter die Vorrunde nur im 7m-Schießen zu Ende gespielt wurde, gab gegen die genauso wie wir völlig übermüdeten Dänen dieses kuriose Resultat. Mit einem Pfostenschuss etwas Pech gehabt, sonst hätten wir auch gewinnen können, allerdings hatten wir auf der anderen Seite auch Glück, dass unser Torwart noch einen rausgefischt hat!

Der Abend gestaltete sich sich vor allem dank des feiernden Atalanta/Ternana-Haufens sehr geil, worüber wir leider die Konzerte total verpeilt haben. Allerdings war die musikalische Unterhaltung auch recht geil. Etwas weniger cool war’s allerdings in dem anderen Restaurant, wo sich einige Vollassisiemlich peinlich aufführten. Rotzbesoffen auf dem Tisch rumstolpern und erst mal "Ja watt denn..." durch die Gegend grölen und ähnliche Scherze von ein paar anderen passten - um auch mal ernsthafte Worte zu verlieren - unserer Meinung nach nicht wirklich zu den Mondiali. Zwar steht es uns nicht unbedingt zu , groß andere zu kritisieren, da wir ja selber zum ersten Mal teilgenommen haben und Gruppen, die schon Jahre lang nach Montecchio fahren, sicher viel eher dazu berechtigt sind, ein paar Gedanken sollten aber trotzdem erlaubt sein. Für uns war eigentlich von Anfang an klar, dass wir dort nicht so sonderlich einen auf dicke Hose machen wollten sondern einfach mitspielen, die Atmosphäre genießen, natürlich auch feiern, aber eben sich groß in den Vordergrund zu stellen oder wie der größte Ballermann-Tourist aufzuführen. Dies schien leider nicht jeder so gesehen zu haben (gerade unter deutschen Teilnehmern), so gibt es wohl auch einige kritische Stimmen, die bemängeln, dass der antirassistische Grundgedanke immer mehr in den Hintergrund tritt und die Veranstaltung zu einer reinen Partyveranstltung wird, was natürlich sehr schade wäre.

Unser Fazit fällt aber trotzdem positiv aus. Die sehr coole Atmosphäre im Parco Enza, der Austausch mit Gleichgesinnten, die vielen Möglichkeiten, sich zu informieren und den eigenen Horizont zu erweitern und natürlich auch einfach der Spaß, den man dort inmitten lauter netter Leute hatte, machten die Antirassismus-WM sicher für jeden, der dabei war, zu einem tollen Erlebnis.
Am Sonntag war dann noch etwas zuschauen angesagt, v.a. natürlich beim Finale, welches die Fanatics Marseille gewonnen haben. Anschließend gab es dann noch die Preisverleihung, ein paar der verliehenen Pokale wurden ja schon im Text erwähnt, eine komplette Auflistung findet ihr auf der Hompage der Mondiali www.mondialiantirazzisti.org; Nach der Übergabe der Pokale hieß dann langsam Abschied zu nehmen und sich auf den Nachhauseweg zu machen. Allerdings nicht ohne den Vorsatz, auch nächstes Jahr wieder an den Mondiali Antirazzisti teilnehmen zu wollen!

PS: Danke nach Sankt Pauli für die nette Nachbarschaft...