- April 1912 - 24. April 2012
Die meisten Fans des FC Bayern, die sich nur ein wenig mit der Erfolgsgeschichte unseres Vereins beschäftigt haben, wissen, dass wir am 12. Juni 1932 mit einem 2:0 Erfolg im Endspiel gegen Eintracht Frankfurt zum ersten Mal die deutsche Fußballmeisterschaft feiern konnten.
An diesem großartigen Erfolg hatten viele Spieler, unser Trainer Richard Dombi, unser damaliger und hoch geschätzter Präsident Kurt Landauer und weitere Einzelpersonen ihren Anteil geleistet. Aber wer weiß, ob wir ohne den Führungstreffer von Oskar Rohr das Endspiel wirklich für uns hätten entscheiden können.
Oskar Rohr kam vor 100 Jahren in Mannheim zur Welt. Der Stürmer, der von vielen "Ossi" genannt wurde, spielte zunächst in seiner Heimatstadt bei Phönix Mannheim, später beim VfR Mannheim. Sein Talent und Torinstinkt zeichneten ihn bereits als jungen Spieler aus. Oskar Rohr wollte diese Eigenschaften auf einer größeren Bühne präsentieren und wechselte 1930 zu unserem FC Bayern. In seinem ersten Jahr an der Isar wurde die Endrundenteilnahme um die Deutsche Fußballmeisterschaft knapp verpasst. In der Saison 1931/1932 zog der FCB dann in die Meisterschaftsendrunde ein und stand nach Siegen gegen Minerva Berlin, PSV Chemnitz und gegen den 1. FC Nürnberg im Endspiel um die Deutsche Fußballmeisterschaft. Der junge Stürmer Oskar Rohr hatte mit seinen Toren einen erheblichen Anteil daran.
Am 12. Juni 1932 lief Oskar Rohr mit seinen Mitspielern vor 55.000 Zuschauern im Nürnberger Stadion gegen die Frankfurter Eintracht auf. Neun Minuten vor dem Halbzeitpfiff entschied der Schiedsrichter auf Elfmeter für Bayern München. Oskar Rohr lief an und hämmerte den Ball zum 1:0 ins Netz, der Grundstein zum ersten Meistertitel war gelegt. Franz Krumm erhöhte in der zweiten Spielhälfte auf 2:0 und ganz München feierte den Deutschen Fußballmeister.
Oskar Rohr war mit gerade 20 Jahren Deutscher Meister!
Im Jahr darauf spielte der FC Bayern nur eine mittelmäßige Runde, Oskar Rohr feierte sein Debüt in der Nationalmannschaft, wechselte im Sommer 1933 zu den Grashoppers Zürich und wurde dort Schweizer Pokalsieger. 1934 zog es ihn zu Racing Strasbourg, wo er zu seiner Vertragsunterzeichnung einen Citroen Cabrio bekam. Zu dieser Zeit war in Deutschland das Profitum verboten und entsprechende Wellen schlug diese Nachricht. In der deutschen Nationalmannschaft wurde Oskar Rohr als im Ausland und noch dazu als Profi spielender "Fahnenflüchtiger" nicht mehr berücksichtigt, die Fachzeitschrift "Fußball" nannte ihn "Gladiator, der sich im Ausland verkauft".
Umso mehr wurde er von Fans und der Presse im Elsass gefeiert; Jahr für Jahr schoss er Tore wie am Fließband, wurde Vizemeister, Vizepokalsieger und Torschützenkönig. Seine 117 Erstliga-Tore für Racing sind bis heute klubintern unerreicht, noch heute wird Oskar Rohr dort verehrt.
Das Kriegsjahr 1939 und die Besatzung weiter Teile Frankreichs durch die Nazis veranlassten Oskar Rohr, der im Dritten Reich zu einer Unperson erklärt worden war, zur Flucht in das unbesetzte Südfrankreich, wo er bis 1942 nahe Sète lebte und dort auch Fußball spielte.
Im November 1942 wurde Oskar Rohr von der französischen Polizei zu drei Monaten Haft verurteilt, die er teilweise in Strasbourg verbüßte, bevor er nach Deutschland ausgeliefert wurde. Die Nazis steckten Oskar Rohr daraufhin ins KZ Kislau bei Karlsruhe; zwei Monate später wurde er an die Ostfront abkommandiert. Offenbar konnte er dort in einer Fußballmannschaft wenigstens gelegentlich auch wieder das tun was ihm Zeit seines Lebens am wichtigsten war: Fußball spielen! Kurz vor dem Kriegsende soll er von einem fußballbegeisterten deutschen Piloten erkannt worden sein. Der Pilot hat Oskar Rohr dann nach Hause geflogen.
Nach der Befreiung von den Nazis entschied sich Oskar Rohr in Deutschland zu bleiben und spielte bis 1949 für den VfR Mannheim, Schwaben Augsburg, FK Pirmasens und Waldhof Mannheim. Nach Beendigung seiner Spielerkarriere arbeitete er als Angestellter der Mannheimer Stadtverwaltung.
Am 8. November 1988 verstarb Oskar Rohr in seiner Heimatstadt Mannheim.
Sein Großneffe Gernot Rohr spielte von 1972 bis 1974 ebenfalls beim FC Bayern und hatte seine erfolgreichste Zeit bei Girondins de Bordeaux (als Spieler und Trainer). 1996 stand er als Trainer im UEFA Cup Endspiel gegen unseren FC Bayern.
Im Museum des FC Bayern, das in wenigen Wochen öffnet, bekommt Oskar Rohr mit einem Gemälde von seinem berühmten "staubigen" Elfmeter zum 1:0 beim Meisterschaftsendspiel 1932 einen besonderen Platz.
Am Tage von Oskar Rohr's 100. Geburtstag legten wir an seiner Grabstätte auf dem Mannheimer Hauptfriedhof zu seinen Ehren einen Kranz nieder.